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Tourismusstadt Eschwege

Petra Strauß, Bürgermeisterkandidat Markus Claus und Stefan Fiege im Interview

 

Vielfältiger Naturraum und Grenzregion

ECHO: Eschwege und Umgebung sind mit einer wunderschönen und bestens zur naturgebundenen Erholung geeigneten Landschaft ausgestattet. Dazu wird sie gern als bunte Stadt der „1000 Fachwerkhäuser“ bezeichnet und befindet sich direkt am Werrafluss und in unmittelbarer Nähe zum Werratalsee. Die wirtschaftlichen Effekte des Tourismus sind unbestritten. Aber kann Eschwege auf Dauer auch mit anderen Destinationen im Mittelgebirge oder gar mit dem Hochgebirge oder Meer mithalten?

Fiege: Aber ja! Auf jeden Fall. Wir befinden uns in einer mehrfachen Grenzregion, naturräumlich und kulturell bzw. historisch. Diese sind besonders interessant. Und an diesen offenen Grenzlinien findet sich in jedem Sinn immer eine besondere Vielfalt. Die Tourist*innen suchen auch nach Information und Anregung, die finden sie genau in solchen Räumen.

Strauß: Gerade der abwechslungsreiche Naturraum bietet für eine landschaftsgebundene Erholung beste Möglichkeiten. Wälder, offenen Wiesen- und Wasserlandschaften prägen unsere Gegend.

Claus: In unmittelbarer Nähe verlief die undurchdringliche Grenze zwischen dem Westen und dem sog. Ostblock. Nun liegen wir wieder gut erreichbar in Deutschlands bzw. Europas Mitte und die Menschen können wieder zusammenkommen. Dies sollte nie vergessen werden. Geschlossene Grenzen sind nach wie vor überall unmenschlich. Fiege: Genau dies können wir Touristen in unserer Region erfahrbar machen. Dazu befindet sich der ehemalige DDR-Grenzzaun in Bereichen fast unberührter Kalk-Buchen-Wälder, die vom Bundesamt für Naturschutz mit anderen zu den artenreichsten Lebensräumen Deutschlands gezählt werden. Die sehr guten Wandermöglichkeiten sind „grenzenlos“.

Strauß: Mit dieser Kombination lässt sich auch gut werben, was ja die Eschweger Tourist-Information bestens leistet. Aber auch die beschauliche Aufenthaltsqualität unserer historischen Fachwerkstatt und die Erholungsmöglichkeiten an unseren Gewässern können sich sehen lassen.


Entwicklungsperle Werratalsee

ECHO: Dann scheint ja alles zum Besten bestellt. Kann was verbessert werden? Wie steht es um die Entwicklung des Werratalsees und seiner direkten Umgebung?

Claus: Hier liegt leider zur Zeit einiges im Argen. Der Sanierung ist leider immer noch nicht auf den Weg gebracht. Und am Nordufer stockt die Entwicklung. Investoren scheinen reihenweise abzuspringen. Offensichtlich sind sie wegen der Wasserqualität verunsichert. Dies sind fatale Signale für die „touristische Perle“ Werratalsee.

Fiege: Seit über 10 Jahren müsste der amtierende Bürgermeister doch wissen, was zu tun ist. Aber immer wieder wird irgendein neuer Grund vorgeschoben, der notwendige Maßnahmen verhindere. Einmal sind es die Meinharder, dann der fehlende Retentionsraum, dann mal das fehlende Geld usw., was der letztlich gebotenen Wasserspiegelstandsanhebung entgegenstehe.

Claus: Da fehlte es wohl an Mut und Durchsetzungsvermögen. Und nun wird wohl auch noch der Betreiber der „Wasser-Alm“ umziehen. Strauß: Man sollte sich neu und endlich strukturiert und engagiert aufmachen, um die landschaftsgebunden Erholungsmöglichkeiten am See durch ein regionales, kulinarisches Angebot zu entwickeln. Dazu gehören zum Beispiel unsere regionale Küche, Vermarktung regionaler Produkte um die Identität unserer Region darzustellen. Die einzigartige Lage unseres Nordufers darf nicht nach der Vorstellung eines Investors abgegeben werden. Was wir auf jeden Fall verhindern sollte, wäre ein Eingriff in Naturräume die für sich einen hohen Erholungswert darstellen.


Chancen und Möglichkeiten

ECHO: Und wie sehen Sie die Chancen für eine touristische Weiterentwicklung nach der Corona-Zeit insgesamt?

Claus: Am Nordufer kann ich mir eine kleine Ferienhaussiedlung auf Stelzen oder sogar schwimmend im Wasser mit einer für alle offenen Gastronomie vorstellen. Radfahrer, Wanderer und Bootsfahrer können sich dort stärken.

Strauß: Erstens muss schnellstens unser Werratalsee gesunden. Zweitens muss sich endlich, und auch das ist seit über 10 Jahren nicht Neues, für die Innenstadt um einen Hotel-Investor bemüht werden. Auch die Stadt selbst kann hier investieren. Es fehlt absolut immer noch an Bettenkapazitäten. Wir wollen schließlich unseren Tagungstourismus ausbauen.

Fiege: Wir haben z.B. vor, das Radsportevent „Deutschlandtour“ nach Eschwege zu holen. Wo nur sollen die Gäste, Mannschaften und Betreuer untergebracht werden?

Claus: Aber wir müssen deshalb JETZT reagieren und uns richtig aufstellen. Im Moment und in naher Zukunft orientieren sich Corona-bedingt viele Urlauber an Zielen im Inland. Diese Chance müssen wir konsequent schnell nutzen, um unseren Bekanntheitsgrad zu sichern und auszubauen. Dazu gehört auch, dass wir noch besser werben und auch auf Tourismusbörsen wesentlich mehr Presänz zeigen. Eschwege kann wirklich mehr.