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Hebesatz Grundsteuer

Hebesatz Grundsteuer

Redebeitrag von Stv. Jörg Heinz in der Stadtverordnetenversammlung am 14.12.2017

Eine Vorbemerkung:

Der Hebesatz bei der Grundsteuer in Eschwege liegt aktuell bei 420 %. Bezogen auf vergleichbaren Kommunen in Hessen liegen wir damit im mittleren Bereich, eher etwas darunter. Bundesweit liegt der durchschnittliche Steuersatz bei 455, in Hessen bei 444%, das heißt unsere Steuersätze sind durchaus ausgewogen. In einigen Schutzschirmkommunen in Kreis ist die Lage anders. In Meinhard beträgt der Hebesatz 650%, in Wanfried liegt er sogar bei atemberaubenden 770%. Diese Kommunen haben ihre Bürger tatsächlich in hohem Maße bei der Haushaltskonsolidierung in die Mitverantwortung und in die Pflicht genommen, diese Kommunen sind in der Tat in der Pflicht, ihren Bürgern etwas zurückzugeben, wenn sie dazu wieder in der Lage sind. In Eschwege aber ist das wie gesehen nicht der Fall, hier sind die Steuersätze moderat und es besteht kein Handlungsdruck.

Steuern – da sind wir uns hoffentlich alle einig – sind nichts Unanständiges. Sie finanzieren den Staat und seine Einrichtuneg und Leistungen, die alle Bürger brauchen und die kein einzelner Bürger alleine finanzieren könnte. Es gilt das Solidarprinzip: Stärkere tragen eine etwas höhere Last als Schwächere.

Trotzdem ist der Mythos Steuersenkung offensichtlich unauslöschlich. Schon das Wort, so hat man manchmal den Eindruck, klingt für einige wie Musik, fühlt sich an wie dicke Portemonnaies, weckt Vorfreude auf Erfüllung langgehegter Wünsche. Aber Vorsicht Falle – in den allermeisten Fällen bleibt der erwartete Geldsegen aus, zumindest für die Normal- und Geringverdiener, also die breite Mehrheit der Menschen.

Die Koalitionäre von CDU, FWG und FDP wollen die Grundsteuer B, die die Besitzer Bebauter Grundstücke in Eschwege zahlen, um 30 Punkte senken. Für den städtischen Haushalt ist das kein großes Problem, das macht das rund 200.000 Euro weniger Einnahmen aus – absolut verkraftbar.

Und was bedeutet das für die Menschen in Eschwege?

Bei einem Einfamilienhaus liegt die Entlastung je nach Grundstücksgröße und Lage zwischen 5 und 30 Euro pro Haushalt und Jahr. Bei einem Mehrfamilien-Mietshaus macht die Ersparnis ein paar Hunderter aus, die kriegt erst mal der Hausbesitzer und Vermieter. Wie und in welcher Höhe er das an die Mietparteien weiterleitet, regelt er in der Nebenkostenabrechnung, dann beim einzelnen Mieter-Haushalt kommen so auch nicht mehr als ein paar Euro an.

Überproportional profitieren sicherlich Wirtschaftsunternehmen mit großen Gewerbe- und Produktionsflächen, da erreicht die Entlastung schonmal vierstellige Beträge. Dem Normal- und Durchschnittsbürger wie Ihnen und mir bringt das relativ wenig.

5 bis 30 Euro im Jahr – was gibt es dafür? Ein Bier und eine Bratwurst mehr beim Johannisfest, vielleicht noch im Dezember einen Seemannstraum bei den Jungs vom Tender Werra am Glühweinstand – das war’s.

Und was ist eigentlich, wenn wir die Steuern nicht senken, wenn wir die rund 200.000 Euro in der Stadtkasse lassen?

Dann stehen uns – und damit meine ich alle Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt – dann stehen uns 200.000 Euro mehr zur Verfügung – uns allen. Jedes Jahr. Diesen Betrag kann man vervielfältigen, hebeln sagt man. Mit einem clever gewählten Förderprogramm, wie das Land eines für Schwimmbäder aufgelegt hat, macht man aus einem städtischen Eigenanteil in dieser Höhe 600.000, vielleicht sogar 800.000 bis 1 Mio., je nach Förderhöhe. Wenn ich das im nächsten Jahr auch mache, habe ich schon 2 Mio. und nach fünf Jahren sind daraus 5 Mio. geworden. Das reicht locker für ein neues Freibad, da bleibt auch noch was für eine Kindertagesstätte übrig oder für barrierefreie Ausbauten oder Wohnungssanierung usw.

So bekommt der Bürger ein Schwimmbad und weitere gute Stücke Infrastruktur. Und das kostet ihn nicht einen Euro mehr. Und das Gute an diesen Investitionen: Es profitieren alle Menschen in gleicher Weise und nicht in höherem Maße diejenigen, die ein großen Grundsstück haben. Ein Schwimmbad oder eine neue Kita – das sind langfristige Werte, davon haben alle etwas, vor allem junge Familien mit Kindern, bei denen das Geld sowieso immer knapp ist und eine jährliche Steuerentlastung von 5 Euro nicht mal für ein Paket Windeln reicht und auch eine Entlastung von 30 Euro nicht mehr ist, als ein Tropfen auf den heißen Stein.

Eine Senkung der Grundsteuer ist nie sozial ausgewogen, es profitieren immer die am meisten, die ein großes Grundstück und in den meisten Fällen auch sonst mehr haben. Verzichten wir auf die Steuersenkung, nehmen wir das Geld und vervielfältigen es, machen wir daraus das Drei-, Vier- oder Fünffache und geben es dann den Menschen zurück, mehr als sie eingesetzt haben, in Form von Infrastruktur, die allen Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung steht, egal ob sie Wohlhabend oder bedürftig sind. Das verstehen wir Sozialdemokraten unter gerechter kommunaler Entwicklungspolitik!! Und deswegen lehnen wir die neoliberalen Steuerpläne der konservativ-bürgerlichen Koalition ab.