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Haushalt 2019

Position der SPD zum Haushalt 2019

Redebeitrag von Stv. Jörg Heinz in der Stadtverordnetenversammlung am 19.12.2018

Drei Hürden für gesetzeskonforme und genehmigungsfähige Kommunalhaushalte hat der Gesetzgeber in der HGO und der GemHVO aufgestellt. Die ersten beiden nimmt der Haushaltsentwurf 2019 nicht aus eigener Kraft, die dritte Hürde reißt er vollends und ist deswegen nicht zustimmungsfähig.

1. Hürde: Der Ergebnishaushalt muss in Erträgen und Aufwendungen ausgeglichen sein.

Der Haushalt weist einen ganz knappen Überschuss von 390.000 Euro aus. Er erreicht ihn nur durch den Trick der Teilauflösung einer für 2017 gebildeten Rückstellung für den kommunalen Finanzausgleich (KFA). Ohne diese Notmaßnahme hätte nach Auskunft der Kämmerei als einziger Ausweg die Grundsteuer um rund 40 Prozentpunkte erhöht werden müssen.

Hauptursache der Misere ist ein Einbruch bei den Schlüsselzuweisungen aus dem KFA verantwortlich gemacht, die um 2,1 Mio. von 13,9 auf 11.8 Mio. sinken. Grund: Wegen außergewöhnlich hoher Bilanzgewinne eines Unternehmens sind die Gewerbesteuern für 2018 um 2,8 Mio. Euro höher ausgefallen. Das sorgt für eine rechnerisch höhere Steuerkraft Eschweges und führt somit zu geringeren Zuweisungen aus dem KFA im kommenden Jahr.

Die Ertragslage wird 2020 nicht automatisch wieder besser: Auch wenn die mittelfristige Ergebnisplanung bis 2022 Haushaltsüberschüsse prognostiziert, diese Zahlen beruhen auf sehr optimistischen Konjunkturerwartungen des Hess. Innenministeriums. Die kommunalen Spitzenverbände schätzen die Lage deutlich anders ein: Der Hess. Städtetag sieht bei der Steuerentwicklung der kommenden Jahre „erhebliche Unsicherheitsfaktoren“, er rät zu „Vorsicht bei der Ertragsplanung für den Start in die 20er Jahre“ und sieht „die Kommunen vor finanziell schwierigen Jahren“.

2. Hürde: Das Ergebnis aus laufender Verwaltungstätigkeit muss so hoch sein, dass davon die Tilgung der Schulden bestritten werden kann.

Hier klafft aber ein Loch von rund 600.000 Euro, d.h. hier liegt schon wieder ein Verstoß gegen die HGO vor. Hier wird jetzt mit einem zweiten Trick nachgeholfen: Gelder aus dem Investitionsprogramm der Hessenkasse werden aus dem Finanz- in den Ergebnishaushalt umgeleitet als Tilgungszuschuss. Das will der Bürgermeister mit Unterstützung von CDU, FWG und FDP den nächsten Jahren immer wieder so machen. Das  bedeutet: Von den 5,2 Millionen, die das Land für Investitionen in die Entwicklung dieser Stadt gibt, soll die Hälfte abgezweigt werden, um auf Kosten der Modernisierung der Stadt Haushaltslöcher zu stopfen. Das führt bei den anstehenden Investitionen höheren Kreditbedarf und wird sich bemerkbar machen durch höhere für Zinsen und Tilgungen.

Zur Problemverschärfung ursächlich beigetragen hat die von CDU, FWG und FDP voreilig und unbedacht vorgenommene Senkung der Grundsteuer im Jahre 2017. Dadurch sind der Stadt bis heute Einnahmen von bis zu einer halben Mio. Euro verloren gegangen, Haushaltsausgleich und Erwirtschaftung der Tilgungen wären sonst aus eigener Kraft möglich gewesen. Bis 2025 wären sogar geschätzt bis zu 4 Mio. Euro an Grundsteuermehreinnahmen aufgelaufen, das heißt Eschwege könnte Gelder aus der Hessenkasse in voller Höhe für dringend notwendige Investitionen in die Zukunft dieser Stadt nutzen. Durch diese Entscheidung der Mehrheitskoalition im vergangenen Jahr ist der Stadt ein echter Schaden entstanden!

3. Hürde: Der Gesetzgeber verpflichtet Städte und Gemeinden zu nachhaltiger Haushaltswirtschaft respektive Rücklagenbildung.

Bei günstigen Rahmenbedingungen müssen Kommunen Vorsorge treffen zur Sicherung nachhaltiger Haushaltswirtschaft. Das leistet dieser Haushalt genau nicht!

Als maßvoll und nachhaltig gilt eine Investitionshöhe, die die Abschreibungen und damit den Werteverzehr ausgleicht. Nachhaltige Investitionstätigkeit läge also bei rund 5 Mio. brutto, d.h. bei rund 2 Mio. städtischer Eigenmittel. 

Der vorliegende Haushalt zeichnet sich im Finanzhaushalt jedoch durch ein aufgeblähtes Investitionsvolumen aus: Fast 11 Mio. sind es im nächsten Jahr, dafür sind Eigenmittel in Höhe von 4,8 Mio. aufzuwenden, die komplett über Kredite finanziert werden müssen. In den nächsten Jahren wird es dann noch krasser, das Investitionsprogramm sieht noch einmal 16,3 Mio. für 2020 und 11.3 Mio. für 2021 vor. Die Verpflichtungsermächtigungen erreichen mit 6,1 Mio. eine Rekordhöhe. Das sprengt alle Dimensionen!

Diese aberwitzigen Investitionen werden uns in den nächsten Jahren stark belasten: Abschreibungen, Zinsen und Tilgungen werden die Aufwendungen der nächsten Jahre bedrohlich ansteigen lassen sowie politische Handlungsspielräume und Entwicklungsmöglichkeiten massiv einschränken. Die Schulden steigen schon jetzt wieder, die Nettoneuverschuldung liegt bei 2,25 Mio., die kumulierten Gesamtschulden erreichen ein neues Allzeithoch, erstmals wird Grenze von 40 Mio. überschritten, mit insgesamt 40,8 Mio. Prognose: weiter steigend durch schuldenfinanzierte Investitionen.

Besonders schlimm: Die größten und teuersten der vorgesehenen Investitionen – der Neubau der Kita hinter dem Bahnhof mit 4,3 Mio. und die Bereitstellung des Neubaugebietes am Höhenweg mit insgesamt über 2 Mio. – sind in der geplanten Form kontraproduktiv.

Damit kein Missverständnis aufkommt: Die SPD begrüßt ausdrücklich die Errichtung einer neuen, modernen und mit den besten pädagogischen Konzepten ausgestatteten Kindertagesstätte. Dass die jetzt kommt, geht ja auch im Wesentlichen auf unser Drängen zurück.  Aber die SPD favorisiert den Kindergarten im Bestandsgebäude Post. Die Planung war fertig, die Kosten wären mit 1 bis 1,2 Mio. deutlich geringer und beherrschbar gewesen und die Kinder hätten jetzt bald einziehen können, der Kita-Neubau wird nicht vor Sommer 2020 zur Verfügung stehen.

Die Kostenschätzungen für den Neubau sind explodiert, von gut 3 Mio. in letzten Jahr auf derzeit 4,3 Mio. Euro.  Dazu kommen noch einmal mindestens 500.000 Euro für eine Zufahrt. Für den Standort liegt noch immer kein entsprechender Bebauungsplan vor mit der Folge, dass sich hier mittlerweile ein stark frequentiertes Gewerbegebiet entwickelt. Folge: Schwerlastverkehr, Baumaschinen, Staub, Lärm, hohe Schadstoffemissionen  – definitiv kein Ort, wo man morgens guten Gewissens seine Kinder abliefert. Ein Kindergarten in diesem Umfeld, das selbst Experten aus der Bauverwaltung für ein Gewerbegebiet halten und auch so nennen, ist nicht zumutbar!

Das geplante Neubaugebiet am Höhenweg kostet im nächsten Jahr allein für Grundstückskäufe und Erschließungsarbeiten mindestens 2 Mio. Euro. Damit wird ein Bauplatz deutlich über 100 Euro pro qm kosten. Zum Vergleich: Am Höhgraben werden derzeit 55 Euro verlangt, die Grundstückspreise in Reichensachsen dürften noch einmal niedriger sein. Damit sind wir nicht wettbewerbsfähig.

Auch hier hätte eine bessere Alternative gegeben: Die Innenstadt muss als attraktiver Wohnstandort entwickelt und alte Wohngebiete wie z.B. die Struth müssen neu belebt werden. Dazu ist das Instrument der Projekt-Entwicklungs-Gesellschaft (PEG) arbeitsfähig zu machen und mit auskömmlichen finanziellen Mitteln auszustatten, um in der City ohne zusätzlichen Flächenverbrauch und ohne weitere Flächenversiegelungen jungen Familien in allen Preissegmenten attraktive Angebote zu machen.

Änderungsanträge der SPD 

Daher stellt die SPD zum vorliegenden Haushaltsentwurf folgende Änderungsanträge:

1. Der Beschluss zum Neubau einer Kindertagesstätte hinter dem Bahnhof wird zurückgenommen. Stattdessen soll die schon komplett durchgeplante und schnell realisierbare Variante am Standort Post, wie sie in einer gemeinsamen Sitzung des Finanzausschusses und des Ausschusses für Familie und Soziales vorgestellt wurde, schnellstmöglich umgesetzt werden.

2. Die Entwicklung des vorgesehenen Neubaugebietes am Höhenweg wird nicht weiter verfolgt und aus dem Haushaltsplan gestrichen.

3. Die Projektentwicklungsgesellschaft (PEG) wird im Ergebnishaushalt mit finanziellen Mittel in Höhe von 100.000 Euro ausgestattet.

So könnte man doch noch einen nachhaltigen und zukunftsfähigen Haushalt hinbekommen und den Entwurf auch über die dritte Hürde kriegen.