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Haushaltsplan 2017 ist grundsolide und gut

Haushaltsplan 2017 ist grundsolide und gut

Rede von Stv. Jörg Heinz zum Haushaltsplan 2017

Die Sitzungen im Finanzausschuss und das einstimmige Abstimmungsergebnis bei der Beschlussempfehlung haben es ja schon gezeigt: Diesen Haushalt finden eigentlich alle Fraktionen im Grundsatz gut. Er ist nicht spektakulär, es gibt keine Veränderungen der Steuersätze, er weist im Ergebnishaushalt ein positives Ergebnis aus, ist also ausgeglichen mit kleinem Überschuss, er beinhaltet keine Aufsehen erregenden Investitionen. Die Investitionen sind maßvoll. Der Haushalt also ist grundsolide und er ist gut, er bewegt sich ziemlich exakt im prognostizierten Rahmen der mittelfristigen Ergebnisplanung der vergangenen Jahre, er hält – noch und mit gewissen Einschränkungen – den Konsolidierungskurs, der die Entwicklung der städtischen Finanzen seit 2011 maßgeblich geprägt hat. Es ist auch kein Wunder, dass der Haushaltsplan gut ist, denn er trägt ja noch weitestgehend die Handschrift des hauptamtlichen Kämmerers Reiner Brill, der ja bis Ende September noch im Amt war und da war die Haushaltsplanung nahezu vollständig abgeschlossen.

Ansprechen möchte ich aber doch ein paar inhaltliche Kernpunkte und Problemlagen in diesem Haushalt, die uns nachdenklich machen müssen:

Die Haushaltsentwicklung bleibt in ganz hohem Maße konjunkturabhängig, da rund 60 % unserer Einnahmen über Steueranteile und Zuweisungen bestritten werden, deren Höhe wir nicht beeinflussen. Die Problematik zeigt sich in den starken Schwankungen in der unterjährigen Entwicklung der Gewerbesteuer in diesem Jahr, wo die Werte zwischen 5,7 und 6,9 Mio schwankten. Die konjunkturelle Entwicklung, wie sie prognostiziert ist, meint es im Augenblick sehr gut mit uns, die Steuerschätzer und das Hessische Innenministerium gehen gehen von konstanten Wachstumsraten aus, für uns heißt das, wir werden ganz ohne eigenes Zutun und Anstrengung in den nächsten zwei Jahren gewaltige Zuwächse beim Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer haben. Wir profitieren außerdem gewaltig von den niedrigen Zinsen, die Investitionsdarlehen, Kassenkredite und Schuldendienst sehr günstig machen. Wenn aber die Zinsen wieder steigen, wird das den städtischen Haushalt unmittelbar negativ beeinflussen. 

Mit unserem Kerngeschäft, der laufenden Verwaltungstätigkeit, erwirtschaften wir zwar zum zweiten Mal in Folge einen Zahlungsmittelüberschuss, der liegt aber aktuell mit knapp 2,3 Mio Euro rund 400.000 niedriger als im Vorjahr. Wir können unsere Tilgungen, die wir in diesem Jahr noch aus eigener Kraft erwirtschafteten, in nächsten Jahr nicht mehr vollständig selbst tragen, wir müssen hier wieder Kassenkredite i.H.v. rund 160.000 Euro in Anspruch nehmen. 

Der Ergebnishaushalt weist im ordentlichen Ergebnis zwar über 213.000 Euro Überschuss aus, deutlich mehr als eine schwarze Null, aber wir bleiben bei den Investitionen im Finanzhaushalt weiter vollständig auf Kredite angewiesen, die Neuverschuldung ist nicht gestoppt, die Schulden werden 2017 wieder steigen, zum ersten Mal seit 2014, und zwar nicht unerheblich um fast 2 Mio Euro gegenüber dem Vorjahr. Brill hatte die Schulden seit 2014 bis 2016 bereits zurückfahren können, um insgesamt 2 Mio Euro. Die Schulden steigen wieder, trotz Überschusses im Ergebnishaushalt ist ein Schuldenabbau noch in weiter Ferne.

Eine ganz wichtige und vor allem von kommunalem Gestaltungswillen steuerbare Größe – neben den Personalaufwendungen und der Gestaltung der Hebesätze bei den Realsteuern die einzige, die wir haben – sind  die Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen. In der Vergangenheit sind diese vor allem durch den von Stadtkämmerer Brill erzeugten Druck stark heruntergefahren worden und haben damit in hohem Maße zur erfolgreichen Haushaltskonsolidierung beigetragen. Die Aufwendungen für Sachdienstleistung sind Jahr für Jahr deutlich gesenkt worden. 2010, bevor der Kämmerer Brill seine Tätigkeit aufgenommen hat, betrugen die Aufwendungen hier noch knapp 9,5 Mio. Euro, das fraß allein schon 28% der Ertäge auf. Im letzten von ihm vorgelegten Haushalt betrugen die entsprechenden Aufwendungen über 700.000 Euro weniger. Der Anteil der Sach- und Dienstleistungen an den Aufwendungen lag nur noch bei 20,7%.

Im aktuellen Haushalt steigen sie nun wieder um den relativ hohen Betrag von knapp 200.000 Euro. zur ersten Mal seit 2010 übersteigen sie wieder die 9-Millionen-Grenze! Das hat zwar im Einzelfall nochvollziehbare Ursachen, die Entwicklung dieser Position ist aber trotzdem in Zukunft kritisch zu beobachten. Wir hoffen, dass der neue Dezernent für die Finanzen, der ja gleichzeitig für alle Fachbereiche zuständig ist, das nicht aus den Augen verliert. Da heißt es aufmerksam sein, viele Gespräche in den Fachdiensten mit den Produktverantwortlichen führen, hier darf uns die Entwicklung nicht wieder entgleiten.

Die Abschreibungen sind immer noch höher als die Investitionen. Die sogenannte Reinvestitionsquote, die das Verhältnis zwischen Nettoinvestitionen und Abschreibungen anzeigt, sinkt wieder, sie liegt aktuell bei rund 96%, das heißt wir haben hier einen Werteverlust, wie leben ein wenig von der Substanz und verbrauchen unser Vermögen. Zur Bestandserhaltung des städtischen Konzernvermögens ist ein Werzt von 100 % zu erreichen. Hier darf also in Zukunft die Investitionstätigkeit durchaus ein wenig zunehmen, und zwar gezielt in die Modernisierung unserer Stadt. Ein guter Anfang ist auf unseren Antrag hin gemacht, dem sich alle Fraktionen angeschlossen haben: Die PEG ist finanziell in die Lage gesetzt, modellhaft in die Entwicklung der Altstadt zu einem modernen und attraktiven Wohnstandort  zu investieren. Davon verspreche ich mir in der Zukunft eine positive Entwicklung. Kritsch anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass die für nächstes Jahr ursprünglich vorgesehene Investitionsmittel für einen Kindergartenneubau jetzt doch in den Haushalt eingestellt sind. Im FA haben wir erfahren, dass zunächst noch eine größere Datenerhebung geplant ist, bevor über eine Investition entschieden wird. Sollten diese Daten – wovon wir eigentlich ausgehen –  einen Bedarf an weiteren Plätzen ergeben, bleibt zu hoffen, dass der Bau noch rechtzeitig abzuschließen ist, bevor – wie in anderen Kommunen schon passiert – erfolgreich geklagt wird. 

Zwei kritische Anmerkungen noch zum Abschluss:

Wir führen an den Werra-Meißner-Kreis über die Kreis- und Schulumlage über 13,6 Mio. Euro ab, ist gegenüber dem Rekordwert aus dem Vorjahr noch mal eine Steigerung. An die 31 %, also fast ein Drittel unserer Haushaltsmiittel beansprucht der Kreis. Der Kreis hat hier die Daumenschrauben auf den höchsten gesetzlich zugelassenen Stand angezogen. Gleichzeitig aber weist der Kreishaushalt 2017, den der Kreistag gestern beschlossen hat, einen Rekordüberschuss i.H.v. 3 Mio. Euro aus. 

Natürlich ist uns bewusst, dass auch der Kreis gewissen Konsolidierungsauflagen und Sparzwängen unterliegt. Aber er ist in den letzten Jahren von der Bundesregierung in hohem Maße entlastet worden und bei einem derartigen Überschuss erwachsen dem Kreis spätestens ab dem nächsten Jahr durchaus Spielräume zur Entlastung seiner Kommunen, sei es durch Senkung der Umlagen oder auf anderem Wege. Hier müsste der Bürgermeister über den Kreistag und seine Rolle in der Nordhessen-Gruppe im Städtetag dann unbedingt den entsprechenden Druck ausüben. Der Bürgermeister, Herr Heppe, sitzt ja im Kreistag und hat gestern dem Kreishaushalt mit der hohen Kreisumlage zu Lasten der Städte und Gemeinden zugestimmt. Da muss er schwer aufpassen, dass er nicht in einen veritablen Interessenkonflikt gerät. Der Bürgermeister ist – wie auch andere Stadtverordnete hier unter uns, die ebenfalls gleichzeitig im Kreistag sitzen – dem Wohl dieser Stadt und ihrer Bürger verpflichtet. Was aber ist, wenn die Interessen des Kreises und der Kreisstadt Eschwege nicht die gleichen sind?

Zweites Problemfeld KiFöG: Das Gesetz der schwarz-grünen Landesregierung zwingt uns zur Umstrukturierung unserer Kitas und ihrer Gruppen, vor allem zu einem höheren Personalschlüssel. Letztendlich, so wurde in den diesjährigen Haushaltsberatungen deutlich, bedeutet das für unseren Haushalt Mehraufwendungen in Höhe von knapp 350.000 Euro gegenüber dem Vorjahr. Vom Land kommt im Bereich Kinderbetreuung lediglich ein Zuschuss von insgesamt 277.000 Euro. Das heißt, die Mehraufwendungen, die die Stadt durch das Landesgesetz hat, werden nur zu einem ganz geringen Teil aufgefangen, das Land lässt die Kommunen bei der Umsetzung der KiFöG-Ansprüche finanziell im Regen stehen. Ein ganz klarer Verstoß gegen das in der Landesverfassung festgeschriebene Konnexitätsprinzip, nach der, das Land, wenn es den Kommunen neue Aufgaben zuweist, dafür auch die finanziellen Lasten zu tragen hat. Hier muss das Land viel mehr in die Pflicht genommen werden, auch das ist die Aufgabe des Bürgermeisters, da sollte er über seine Position im Hessischen Städtetag einen energischen Vorstoß unternehmen.

Zusammenfassung: 

Die Weichen in der Haushaltspolitik sind in der Amtszeit Brill auf Konsolidierung gestellt worden: Deckelung der Budgets, Rückfahren der Ausgaben bei den Sach- und Dienstleistungen, Sparsamkeit beim Personal, frühzeitige Weichenstellung bei den Einnahmen ohne übergebührliche Belastungen der Menschen in dieser Stadt und maßvolle Investitionen waren die Kernpunkte. Dieser Kurs ist nachhaltig, dieser Kurs wirkt erst einmal noch eine Weile, mindestens noch ein bis zwei Jahre fort. Aber der Schwung darf nicht erlahmen, denn von alleine wird die Finanzentwicklung nicht lange auf positivem Kurs bleiben. Da gilt es wachsam zu sein, Risiken und kritische Entwicklungen, die sich ja jetzt schon andeuten, rechtzeitig zu bemerken und entschieden gegenzusteuern. Bei Zeiten sind langfristige Konzeptionen und zukunftsorientierte Strategien zu entwickeln sowie Kreativität, Initiative und Durchsetzungskraft unter Beweis zu stellen, eben genau die Dinge zu tun, die der hauptamtliche Kämmerer in den letzten Jahren so erfolgreich getan hat. Und dann bleibt zu hoffen, dass der neue und alleinige Dezernent, der Bürgermeister, der ja jetzt seit gut zwei Monaten doppelt so vielen Fachbereiche unter sich hat, trotz dieser Mehrbelastung die komplexe Problematik Haushalt im Griff behält. Das werden wir gespannt beobachten.